Synode beschließt Abendmahl mit Kindern für ganz Bayern


Die Synode der bayerischen Kirche ist das oberste Beschlussgremium in unserer demokratisch organisierten Kirche. Sie tagt zweimal im Jahr. Im vergangenen Herbst hat die Landessynode einen Beschluss gefasst, der für das gottesdienstliche Leben in den Kirchengemeinden von großer Bedeutung ist: Landesweit wird nun das Abendmahl mit Kindern in allen Kirchengemeinden eingeführt.
Wir fragten unsere Landessynodale Dr. Kerstin Pechtold-Kuch, gleichzeitig Vertrauensfrau des Kirchenvorstands in Kleinheubach, zu Hintergründen dieses Beschlusses. 


Frau Dr. Pechtold-Kuch, was bedeutet „Abendmahl mit Kindern“?
Abendmahl mit Kindern bedeutet, dass alle Menschen am Abendmahl teilnehmen dürfen, wenn sie getauft sind, unabhängig vom Alter. Jeder und jede Getaufte ist zum Abendmahl eingeladen und getaufte Kinder sollen der Entscheidung der Landessynode entsprechend nun grundsätzlich auch zum Abendmahl zugelassen werden.
Bereits 1977 und 2000 hatte die Landessynode die Teilnahme von Kindern am Abendmahl grundlegend befürwortet. Allerdings konnte bisher jeder Kirchenvorstand selbst entscheiden, ob er diese Empfehlung umsetzen möchte oder nicht. 
Bei uns in Kleinheubach war bisher die Teilnahme am Abendmahl nur Christ*innen möglich, die konfirmiert waren - so war der Zeitpunkt der ersten Teilnahme am Abendmahl bei uns die Konfirmation. In Miltenberg dagegen gibt es das Abendmahl mit Kindern schon seit längerem.


Es ist ungewöhnlich, dass die Synode in das Leben der Gemeinden eingreift. Wie kam es zu diesem Beschluss?
Die Landessynode ist ein kirchenpolitisches Gremium. Viele Dinge müssen entschieden werden, die für die Kirche als Organisation erforderlich ist, wie z.B. Haushaltsfragen und Verabschiedung von Gesetzen. Daneben gibt es aus dem Kreise der Synodalen Anträge, über die zu entscheiden ist. Aber auch von Dekanaten, Kirchengemeinden, einzelnen Personen kommen sog. Eingaben, die in der Landessynode verhandelt werden. Zum Thema Kinderabendmahl hatten mehrere Dekanate Eingaben gemacht, mit der Bitte die Frage des Kinderabendmahls erneut zu diskutieren. 
Insbesondere wurde beklagt, dass es mittlerweile einen Flickenteppich gebe: manche Gemeinden feierten Abendmahl mit Kindern, andere nicht. Das führt dazu, dass Kinder, die in der einen Gemeinde ganz selbstverständlich zum Abendmahl gehen können, in der Nachbargemeinde, in der sie vielleicht zu Besuch sind, zur Konfirmation eingeladen oder hingezogen sind, dies nicht möglich ist. Dies habe Verunsicherungen bei den Kindern zur Folge und möglicherweise sogar das Gefühl, nicht willkommen zu sein. Auch bezüglich der Umsetzung gibt es unterschiedliche Vorgehensweisen: in den einen Gemeinden bekommen die Kinder nur Brot oder Hostie, aber keinen Saft. In anderen, wie z. B. bei uns, werden sie "nur" gesegnet. Es entstehe dadurch der Eindruck einer Willkürlichkeit. In den Eingaben der Dekanate wurde daher gebeten zu prüfen, ob eine Entscheidung allein durch die Kirchengemeinden Vorort noch zweckmäßig ist. 
Die Landessynode beschäftigte sich mit der Eingabe und war mehrheitlich der Auffassung, dass die Frage des Kinderabendmahls nicht nur eine „Gestaltung des Gottesdienstes“ und damit in der Entscheidung des Kirchenvorstands, sondern eine grundlegende theologische Frage des Gottesdienstes darstellt. Die Landessynode hat deshalb einen Beschluss gefasst, der über eine reine Empfehlung zum Abendmahl mit Kindern hinausgeht. 


Wie sehen Sie persönlich diesen Beschuss?
Aus theologischer Sicht kann ich das nicht beurteilen. Hier muss ich mich auf die Aussagen von Theolog*innen verlassen. Um keine Fehlentscheidung zu treffen, wurde intensiv nach theologischen Gründen gesucht, die einen Ausschluss von Kindern vom Abendmahl rechtfertigen könnten. Es zeigte sich: der Ausschluss von Kindern vom Abendmahl ist theologisch nicht zu begründen, aber es gibt viele Gründe die gegen die Praxis eines Abendmahls erst mit der Konfirmation sprechen. So wurde bedauert, dass Kinder so lange vom Abendmahl ausgeschlossen wurden. Auch der Landeskirchenrat hat der Synode empfohlen, das Kinderabendmahl grundsätzlich nicht nur zu erlauben, sondern als verpflichtend zu beschließen. 
Ein wichtiger Einwand, den ich oft höre, ist auch, dass Kinder das Abendmahl in seiner Bedeutung noch nicht verstehen, es kognitiv nicht erfassen können. Ich frage mich: wenn wir unsere Entscheidung auf dieser Grundlage treffen, was würde das bedeuten für Demenzkranke oder Menschen mit geistiger Behinderung? Meines Erachtens geht es um ein ganzheitliches Erleben des Abendmahls: wir dürfen "schmecken und sehen, wie freundlich der Herr ist". Ich persönlich erlebe Abendmahl als etwas Allumfassendes: es werden Saiten unserer Seele angeschlagen, die viel mehr sind als unser Verstand es zu erfassen vermag.


Bislang war in unserer Kirchengemeinde das erste Abendmahl mit der Konfirmation verknüpft. Das wird jetzt wegfallen. Ist das nicht schade?
Ja, das war spontan für mich ein wesentlicher Grund, der mich hat zweifeln lassen. Verliert dadurch die Konfirmation nicht das Besondere, Einmalige? Konfirmation ist ein Fest des Übergangs von der Kindheit zum Erwachsenwerden, es verleiht neue Rechte als Gemeindemitglied und es ist vor allem ein Ja zur Taufe. Dies soll und kann weiter gefeiert werden. 
Die erste Teilnahme am Abendmahl ist aus meiner Sicht zu spät für die Jugendlichen: oft ist es das erste und für viele Jahre auch das letzte Mal der Teilnahme am Abendmahl. Die Teilnahme ist nicht eingeübt, sie wird oft als fremd erlebt. Unsere Kindheitsjahre sind sehr prägend: erleben Kinder von Anfang an mit uns unsere Gemeinschaft, die wir beim Abendmahl erleben dürfen, so wird das für ihr weiteres Leben fruchtbar sein. Kinder sollten auch früh in Kontakt kommen mit allen unseren Traditionen und Inhalten, das schafft Zugehörigkeit und vertrauensvolle Beziehung - wie oft dürfen wir das in Kleinheubach erleben. Ich glaube, die Teilnahme von Kindern und ihr Erleben des Abendmahls wird auch uns bereichern. 


Haben Sie schon mal mit Kindern Abendmahl gefeiert und wenn ja, wie haben Sie das empfunden?
Ja, das konnte ich erfreulicherweise erleben. Und es hat mich sehr angerührt: Kinder haben ganz besondere Fähigkeit, Stimmungen wahrzunehmen: man kann es in ihren Gesichtern sehen: sie erleben Ernsthaftigkeit, Feierlichkeit und oft übergroße Freude, dass Gott sie liebt und sie Gemeinschaft mit den Menschen erleben können, auf die sie sich verlassen können. 
Ich weiß unsere Kirchengemeinde hat Menschen, die viele gute Ideen haben. Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir die neue Regelung gut umsetzen und sie für uns eine Bereicherung wird.
Und ich freue mich darauf, gemeinsam mit allen Getauften die Gemeinschaft mit Jesus Christus feiern zu dürfen.